Burgen

Untersuchungen und Befunde im südniedersächsischen Bergland

Auf mehreren der im Bergland zahlreich erhaltenen Burgstellen fanden Grabungen und andere Untersuchungen statt. Die Bandbreite reicht dabei von Erdwerken des Neolithikums bis zu den Anlagen des Mittelalters (Flucht-, Wohnburgen, Höhen- und Niederungsburgen, Kirchhofsburgen).

Die wichtigsten Maßnahmen

Neolithisches Erdwerk bei Seulingen und Beispiele von Flintpfeilspitzen
Neolithisches Erdwerk bei Seulingen und Beispiele von Flintpfeilspitzen

Seulingen, Ldkr. Göttingen
Neolithisches Erdwerk.
Annähernd runde Anlage in oberer Hanglage (überackert) im Untereichsfeld bei Seulingen, ca. 300 m Durchmesser, doppelter umlaufender Sohlgraben, Innenbesiedlung ist durch Funde und Befunde nachgewiesen. Entdeckung im Luftbild 1991. Im Sommer 1992 Untersuchung durch einen 150 m langen Grabungsschnitt. Dokumentation der Grabenformen und Verfüllungen, Innenbesiedlungsreste mit Gruben und Fundmaterial. Insgesamt reichhaltiges neolithisches Keramik und Silexmaterial, dabei auch Beile (u. a. 1 x Nephrit, 1 x "Wiedaer Schiefer") und Flintpfeilspitzen. Datierung: sporadisch Linienbandkeramik, ansonsten Michelsberger Kultur und Bernburger Kultur/Wartbergkultur.

Obernjesa, Gde. Rosdorf, Ldkr. Göttingen
Neolithisches Erdwerk mit zwei Kollektivgräbern.
Großflächige (überackerte) Anlage von ca. 500 - 600 m Durchmesser mit umlaufendem Graben (Spitz- bzw. Sohlgraben), streckenweise als Doppelgraben, Hangfußlage am Rand der Leinetalniederung bei Obernjesa. Entdeckung 1987 im Zuge von Straßenbauarbeiten. Rettungsgrabung mit Feststellung neolithischer Innenbesiedlung (trapezförmiger Hausgrundriss und Silogruben der Rössener Kultur). Desgleichen Auffindung ausgepflügter Reste zweier jungneolithischer Kollektivgräber mit deren Ausgrabung. Eine Anlage zeigte sich dabei stark zerstört, die zweite als gut erhaltener Grundriss einer steingesetzten Totenhütte in Trapezform. Nach Fundmaterial Bernburger Kultur. Zwei Nachbestattungen: weibliche Körpergräber der älteren vorrömischen Eisenzeit (HaD) mit reicher Bronzeschmuck- und Bernsteinperlenausstattung.

Bernshausen, Gde. Seeburg, Ldkr. Göttingen
Früh- bis hochmittelalterliche Fluchtburg.
Bernshausen. Fluchtburg. Halbrundbastion am Tor
Bernshausen. Fluchtburg. Halbrundbastion am Tor
Bernshausen. Fluchtburg. Ottonische Ringmauer
Bernshausen. Fluchtburg. Ottonische Ringmauer
Entdeckung und großflächige Ausgrabung der Fluchtburg eines immedingischen Haupthofes, am Ostufer des Seeburger Sees, zwischen 1982 und 1993. Zweiphasige Baugeschichte: merowingerzeitliche Erstanlage als Abschnittsbefestigung einer ehemaligen (seit ca. 10. Jahrhundert überfluteten) Halbinsel, mit Spitzgraben des frühen 7. Jahrhunderts und Erneuerung als Sohlgraben des 9. Jahrhunderts, Sechspfosten-Torbau; Einebnung um 10. Jahrhundert und auf gleichem Platz (jetzt in neuentstandener Inselsituation) Neubau einer geschlossenen, verrundet rechteckigen Mauerringburg von ca. 70 x 110 m Größe, Zangentor mit zwei flankierenden Halbrundbastionen, außerdem eine große Eckbastion mit Schlüssellochgrundriss. Zeitweilige Innenbebauung an der Ringmauer, mit Siedlungsresten und buntmetallverarbeitendem Handwerk (Guss) des 10./11. Jahrhunderts. Aufgabe und Abbruch der Anlage ab Mitte 12. Jahrhundert.

Hoch- bis spätmittelalterliche Niederungsburg (Motte).
Burghügel FSt. 1. Schematischer Profilschnitt durch den Hügel und Wehrgraben. Zum Öffnen der Abbildung klicken.
Burghügel FSt. 1. Schematischer Profilschnitt durch den Hügel und Wehrgraben. Zum Öffnen der Abbildung klicken.
Probegrabung 1985 auf dem Niederungsburghügel im "Wallhof", neben dem mittelalterlichen Landgerichtsplatz südlic‚h des Dorfes am Ostufer des Seeburger Sees, Ausflusstrichter des Auebaches. 4 m breiter Schnitt durch die Anlage, Flächenfreilegungen auf der Kuppe. Mehrphasige Baugeschichte mit Erweiterungen und Erhöhungen: Erstbau am Anfang des 12. Jahrhunderts als einfaches Wohnpodest mit Fachwerkgebäude über Flachsiedlungsresten des immedingischen Haupthofes (1013/1016: Curtis); in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts Vergrößerung zur Hochmotte mit Wehrgraben; erneute Vergrößerung um 1300, mit Holzpalisade auf dem Abhang und Flechtzaun am Seeufer, auf der Kuppe polygonaler (achteckiger) Zentralbau in Schwellrahmen-Fachwerkbauweise mit Innenaufteilung, Tonpfannendach; letzte Vergrößerung des Hügels in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Um 1400 Aufgabe der Burgstelle. Errichtet vermutlich unter welfischer Hoheit, verlehnt an die Grafen von Lauterberg, bewohnt von deren Vasallen, den ritterbürtigen Herren von Bernshausen. Neben zahlreichen Siedlungsfunden (Keramik, Tierknochen, Fischreste, Kulturpflanzen) auch besondere Kleinfunde: Armbrust- und Pfeileisen, Messerscheidenbeschläge, Gürtelschnallen, Messer, Schlüssel, Wellenhufeisen, Würfel und Kammreste aus Knochen, Netzgewichte. Nachweise von spezialisiertem Handwerk: Buntmetall- und Eisenverarbeitung, Knochenschnitzerei..

Reinhausen, Gde. Gleichen, Ldkr. Göttingen
Früh- bis hochmittelalterliche Grafenburg
Reinhausen. Plan der frühmittelalterlichen Grafenburg
Reinhausen. Plan der frühmittelalterlichen Grafenburg
Ehemalige Burg auf dem Bergsporn des Kirchberges über der Altdorflage von Reinhausen. Wohnburg und Grafensitz (Leinegau) der esikonischen Grafen von Reinhausen. Entdeckung von Fortifikationsresten 1980, seitdem archäologische Untersuchungen und Befundaufnahmen. Zweiteiliger Grundriss: Hauptburg von rund 1,5 ha Fläche mit Abschnittsbefestigung (Wall und Graben) und Resten einer bis 3,3 m dicken Ringmauer, darin Siedlungsreste seit Neolithikum, insbesondere seit 9./10. Jahrhundert, in der romanisch-gotischen Klosterkirche Überreste der ältesten esikonischen Eigenkirche. Vorburg von ca. 1 ha Fläche mit vorgeschobener zweiter Abschnittsbefestigung (Wall und Graben), offensichtlich Wirtschaftshofbereich, darin Siedlungsfunde seit der Eisenzeit, insbesondere aus dem Mittelalter. Bis heute landwirtschaftlicher Hofbetrieb. Als Burg seit dem 9. Jahrhundert bestehend, bis zur Umwandlung in ein Stift bzw. Benediktinerkloster kurz vor 1100.

Reinhausen. Grafenburg. Fundament der Ringmauer
Reinhausen. Grafenburg. Fundament der Ringmauer
Niedeck bei Benniehausen, Gde. Gleichen, Ldkr. Göttingen
Früh- bis hochmittelalterliche "Hünsche Burg".
Niedeck. Hünsche Burg. Torwange
Niedeck. Hünsche Burg. Torwange
Entdeckung nach Flurnamenauswertung und Geländeprospektion im Herbst 1992. In Spornlage oberhalb eines schluchtartigen Nebentales des Gartetales befindet sich eine Abschnittsbefestigung mit Wall und Graben, zusätzlich ist in Fundamenten eine umlaufende massive Ringmauer nachweisbar. Annähernd rechteckige Anlage von rund 2.500 qm Größe. Probegrabungen und Befundaufnahmen 1992 bis 1993, dabei Klärung des Aufbaus der Befestigungswerke sowie Freilegung des Zangentores. Keine Funde, lediglich Spuren einer Brandzerstörung des Tores. Nach Form und allgemeinem historischem Umfeld offensichtlich Fluchtburg eines nahe gelegenen Wirtschaftshaupthofes (Niedeck), ca. 10. - 12. Jahrhundert. Vorgängerburg der in rund 700 m Entfernung benachbarten, spätmittelalterlichen adligen Höhenwohnburg "Alte Niedeck".

Greene, Ldkr. Northeim
Hüburg.
Ca. 190 m x 80 m große Abschnittsbefestigung in Spornlage oberhalb des Leinetales, doppelter Wall-Graben-Abschnittsriegel, Fundamentreste einer umlaufenden Kantenmauer, Tangentialtor mit Gasse (überlappender Versatz der Kantenmauer). Nach Sturmschäden mit Baumwindwürfen 1965 im Innenraum Bergung von Siedlungsfunden und Feststellung von Bauresten. Nach gleichem Anlass 1980 und 1986 detaillierte Befundaufnahme der erhaltenen bzw. untertägig prospektierten baulichen Siedlungsstrukturen (Kellergruben, Steinbaureste). Als Funde liegen Keramikbruch, wenige Eisenobjekte, Glasperle, Tierknochen, Brandlehm und Holzkohlen vor. Datierung 10. bis frühes 12. Jahrhundert. Identifikation als die urkundlich um 980 (Burgbann in Greene) und 1039 (castrum Greni) belegte Burg, die in Verbindung mit dem nahen Reichsstift Gandersheim stand.

Weißenborn, Gde. Gleichen, Ldkr. Göttingen
Kirchhofsburg.
Weißenborn. Kirchhofsburg
Weißenborn. Kirchhofsburg
Auf einem das Dorf rund 40 m überragenden, durch Steilhänge geschützten Bergsporn sind um die Kirche St. Nikolaus gut erhaltene Reste einer burgartigen Wehranlage vorhanden, und zwar in Gestalt einer Ringmauer sowie von Graben und Erdwällen. 1995 und 1996 Sanierung und Befundaufnahme der Bauwerke. Rekonstruktion einer zweiphasigen Geschichte: im 12./13. Jahrhundert Errichtung der bis 6 m hohen Ringmauer mit hölzernem Wehrgang, als Abschnittsbefestigung davor bogenförmiger Sohlgraben mit Außenwall; vermutlich um 1400 Bau einer rund 20 m davor angelegten zweiten Abschnittsbefestigung durch Doppelwall und Graben. Insgesamt dadurch eine Größe von rund 80 m x 120 m.


Weitere Untersuchungen im Göttinger Kreisgebiet

Detaillierte Innenraumprospektionen, Probeaufschlüsse, Fundbergungen in folgenden Anlagen:

Hedemünden
Hünenburg im Sudholz. Großräumige ovale Ringwallanlage auf der Nordseite des Werratales. Eisenzeit und Frühmittelalter. Im Frühjahr 2001 z. B. Untersuchung einer Kleingrube, darin römisches Pilum aus Eisen.

Hemeln
Hünengraben. Großräumige Befestigungsanlage in bewaldeter Spornlage hoch über der Ostseite des Oberwesertales. Frühmittelalter (Merowinger-/Karolingerzeit).

Dransfeld
Hünenburg. Annähernd viereckige Fluchtburg in Spornlage über dem Auschnippetal. Früh-/Hochmittelalter.

Rhumspringe
Alte Burg. Nach Auswertung der örtlichen Flurnamenüberlieferung und Luftbildbefund konnte in Spornlage oberhalb des Rhumetales am Ortsrand eine in Geländeresten erkennbare Burgstelle entdeckt werden. Durch den flach mit Graben und Erdwall angedeuteten Riegel der ehemaligen Abschnittsbefestigung wurden zwei Grabungsschnitte geführt. Der Erdwall und insbesondere der weitgehend verfüllte Spitzgraben sind dadurch verifiziert. Hinweise auf eine Innenbesiedlung fehlen. Wenige Keramikfragmente (urgeschichtlich) und Holzkohlen (C14: Spätmittelalter) in der Grabenverfüllung erlauben noch keine Datierung der mutmaßlich frühmittelalterlichen Fluchtburg.

Lippoldshausen
Lippoldsburg. Zweiteilige Burg in Spornlage, mit Hauptburg in Schildform und hangaufwärtiger Vorburg, gesichert durch Abschnittsbefestigung. Freilegung des einzigen Tores durch die massive Ringmauerlinie (heute flacher Steinschuttwall) der Hauptburg, ausgebildet als Zangentor mit kurzer Torgasse. Durch Keramikfunde - auch im ansonsten unbesiedelten Innenraum - ist eine hochmittelalterliche Zeitstellung (Abbruch noch vor 1100) erschlossen.

Sichelnstein
Schildförmige Mauerburg in Spornlage am Ortsrand. Spätmittelalter (evtl. bereits Früh- und Hochmittelalter). Feststellung einer Vorburg.

Bremke
Kleine Abschnittsbefestigung auf dem Eschenberg. Burgstall mit Innenbesiedlung aus dem 12. Jahrhundert.

Bremke
Höhendoppelburg Altengleichen und Neuengleichen. Hoch- bis Spätmittelalter.

Groß Lengden
Höhenburg Alte Niedeck. Spätmittelalter bis frühe Neuzeit. Wichtigstes Ergebnis ist die Feststellung einer großräumigen Unterburg mit umlaufender Wall- und Grabenbefestigung.

Friedland
Höhenburg Friedland im Waldgebiet des Hagenberges über dem Leinetal. Hoch- bis Spätmittelalter, zerstört im Dreißigjährigen Krieg. Baubegleitende archäologische Untersuchungen, Befestigungs-, Siedlungs- und Handwerksbefunde.

Oberode
Höhenburg Spiegelburg über dem Werratal. Spätmittelalter. Feststellung einer großräumigen Vorburg mit Bau- und Siedlungsresten.

Ballenhausen
Kleine Niederungsburg Bodenhausen. Spätmittelalter.

Ebergötzen
Ebergötzen. Wohnturm der Wasserburg Radolfshausen
Ebergötzen. Wohnturm der Wasserburg Radolfshausen
Ehemalige Niederungsburg Radolfshausen. Hoch- bis Spätmittelalter. Steinerner Wohnturm noch vorhanden (Baubeginn Spätromanik), ansonsten überprägt durch spätere Nutzung als frühneuzeitlicher welfischer Amtshof. Im Zuge von Bausanierungen Durchführung von baugeschichtlichen Untersuchungen und Grabungen.



Gieboldehausen

Haus am Wall. Ehemalige Niederungsburg, heute Fachwerkschloss des frühen 16. Jahrhunderts. Während Bausanierung umfassende Untersuchungen im Untergrund des Gebäudes, Feststellung einer Vorgängerbauphase als zweigeschossiger Steinbau der Gotik, umschlossen von einer Gräfte.

Gieboldehausen
Ehemalige Wasserburg, später umgestaltet als frühneuzeitlicher welfischer Amtshof. Baubegleitende Grabungsuntersuchungen.

Bernshausen
Dorfbefestigung aus Wall und Graben, halbkreisförmig um das Oberdorf (ältester Dorfkern) am Ostufer des Seeburger Sees angelegt. Zwei archäologische Grabungsmaßnahmen als Schnitte durch die Befestigung, Klärung von Anfangsdatierung (spätes 12. Jahrhundert) und Erneuerungsphasen bis zur frühen Neuzeit.

Zusammenfassende Literatur in Auswahl

K. Grote, Die Hüburg bei Greene. Eine früh- bis hochmittelalterliche Burganlage im mittleren Leinetal. - Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte 56, 1987, 175-194.

K. Grote, Die Rössener Siedlung mit Erdwerk am Exberg bei Obernjesa, Gde. Rosdorf, Ldkr. Göttingen. Bericht über die Rettungsgrabung im April 1987. - Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte 58, 1989, 39-69.

K. Grote und S. Schütte (Bearb.), Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland. Band 17: Stadt und Landkreis Göttingen. - Stuttgart 1988.

K. Grote, Die Hünsche Burg im mittleren Gartetal bei Göttingen. - Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte 62, 1993, 169-181.

K. Grote, Aspekte der archäologischen Burgenforschung des Hoch- und Spätmittelalters im Landkreis Göttingen. - Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte 63, 1994, 219-220.

K. Grote, Neue Aspekte zu Burgen des Frühmittelalters in Südniedersachsen. - Südniedersachsen 3, 1995, 73-79.

K. Grote, Das neolithische Erdwerk von Seulingen im Untereichsfeld, Ldkr. Göttingen. - Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte 65 (1), 1996, 21-35.

K. Grote, Bernshausen am Seeburger See. Archäologie und Geschichte eines mittelalterlichen Zentralortes. - Beiheft 16 der Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters, hrsg. von W. Janssen, H. Steuer und G. Binding. Bonn 2003.